Übers Wachtkreuz

Das Wachtkreuz

Arg hatte die Pest im Talkessel gewütet. Kaum eine Familie war vom schwarzen Tod verschont geblieben. Verzweiflung und Trauer machten sich in den Häusern breit, Totenstille lastete über den fast ausgestorbenen Dörfern. Doch das Leben musste weitergehen.

Es war einige Jahre nach erlöschen der schrecklichen Seuche, da beschlossen einige Burschen aus Lermoos die Fasnacht wieder einmal ordentlich zu feiern. Als Butze und Teufel verkleidet, zog die Bande zu zwölft nach Biberwier.

Aus Herzenslust wurde gezecht, gesungen und getanzt, bis der Morgen graute. Dann machte sich die heitere Runde lautstark auf den Rückmarsch. Auf halbem Weg, auf der „Wacht“, zählte einer der zwölf die Kameraden. Es hätte ja einer verloren gegangen sein können! Doch wie oft er auch zählte – es waren dreizehn Vermummte! Ein eisiger Schreck durchzuckte ihn. Wer war der dreizehnte?

War es vielleicht der Leibhaftige? Voller Angst und plötzlich wieder nüchtern, riss er sich die Larve vom verschwitzten Gesicht. Einer nach dem Anderen folgte ihm mit vor Schreck geweiteten Augen. Und siehe da – jetzt waren es wieder zwölf! Da ahnten sie, wer ihr Begleiter gewesen war.

Auf der Stelle gelobten sie, auf der „Wacht“ zwischen Lermoos und Biberwier als Buße und zur Mahnung ein Kreuz zu errichten. Seit jener Zeit steht das „Wachtkreuz“ zur Erinnerung an jene Begebenheit vor mehr als 300 Jahren.